Neue Arten ?
Entdeckung neuer Tier- und Pflanzenarten
Kaum bemerkt von der breiten Öffentlichkeit gehört es zum alltäglichen Handwerk von Tropenbiologen, neue Tier- und Pflanzenarten zu entdecken. An die 10.000 neue Arten beschreiben die Forscher jährlich. Bis heute sind etwa 1,8 Millionen Arten wissenschaftlich erfaßt, aber man schätzt, daß dies nicht einmal 10% aller tatsächlich existierenden Tier- und Pflanzenarten sind.
Vor allem in den besonders artenreichen Organismengruppen wie bei den Insekten ist bisher nur ein kleiner Teil der existierenden Arten wissenschaftlich bekannt. Aber auch spektakuläre Neufunde von großen Säugetieren wie Affen, Hirschen oder selbst Walen sorgen auch heutzutage immer wieder für Aufsehen.
Die meisten Arten, die auch heute auf fast jeder Expedition entdeckt werden, sind Neuentdeckungen im klassischen Sinne - kein anderer Forscher hielt sie vorher in seinen Händen. Der schwierige Zugang zu vielen tropischen Lebensräumen erfordert für diese Forschungsreisen jedoch einen erheblichen technischen und finanziellen Aufwand.
Erst in den letzten Jahren ist Wissenschaftlern das gesamte Ausmaß der biologischen Vielfalt klar geworden. Das betrifft nicht nur die verschiedenen Tier- und Pflanzenarten von Ameisenbär bis Zittergras, sondern auch die Vielfalt innerhalb einer einzigen Art (genetische Vielfalt: denken Sie nur an die unglaublichen Unterschiede von Mensch zu Mensch). Diese Vielfalt wird auch durch die Verschiedenartigkeit der Lebensräume bestimmt, denn in einem Tümpel im Odenwald existieren natürlich ganz andere Lebensbedingungen als in einem Hochtal im Himalaja oder an der Südküste von Australien.
Diese Vielfalt, die Forscher als Biodiversität und Geodiversität oder gemeinsam als Ökodiversität bezeichnen, gilt als grundlegende Voraussetzung für das Überleben der "irdischen Lebensgemeinschaft", zu der auch der Mensch zählt.
Die Artenvielfalt bietet zudem große Chancen, neue Wirkstoffe für die Medikamentenherstellung zu entdecken und bisher unbekannte Farbstoffe oder biotechnische Eigenschaften für die menschliche Nutzung zu erschließen. Denken Sie nur an das Extrakt aus dem 'Madagaskar Immergrün' zur Bekämpfung von Leukämie bei Kindern, an die Nutzung mancher Schlangengifte bei der Herstellung von Herzmedikamenten oder an die technische Nachahmung der Blattoberfläche der Lotus-Blume als Anti-Haft-Beschichtung. Die genetischen Eigenschaften mancher Wildorganismen können helfen, den Ertrag und die Widerstandfähigkeit wichtiger landwirtschaftlicher Nutzpflanzen und Tiere zu verbessern, um so einen Beitrag zur Ernährung der Weltbevölkerung zu leisten. Doch die Ausbeutung und Zerstörung bisher ungestörter Lebensräume durch eine immer schneller wachsende Erdbevölkerung hat zur Folge, daß unzählige Arten aussterben, ohne daß sie je ein Mensch erforscht oder genutzt hat.